Meine Gedanken zur Präimplantationsdiagnostik

22. Dezember 2013: Präimplantationsdiagnostik bedeutet, dass im Reagenzglas gezeugte Embryonen auf Gendefekte getestet werden.
 Am 7.7.2011 wurde im Bundestag darüber abgestimmt, ob die PID zugelassen werden soll.

Ich habe die Diskussion intensiv verfolgt und mir meine eigenen Gedanken gemacht.
 Ich empfinde es als Widerspruch, dass ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten oder bei Behinderung bis kurz vor der Geburt nicht strafbar ist aber Embryonen geschützt werden sollten.
 Deshalb ist es kein Wunder, dass unsere Abgeordneten sich für die PID in Grenzen entschieden haben.
 Ich kann gut verstehen, dass Eltern gesunde Kinder haben möchten. Trotzdem finde ich, dass diese Entscheidung zu weit geht.
 Ich hätte mir gewünscht, dass die PID nur dann erlaubt werden sollte, wenn eine Todgeburt oder Fehlgeburt mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
 Aber ich bin auch gegen die Abtreibung. 
Nun soll die PID also begrenzt zugelassen werden.

Aber wo sind die Grenzen? 
Für Untersuchungen auf Down-Syndrom soll die PID nicht erlaubt sein. Aber ich bin sicher, dass Embryonen, bei denen eine Trisomie festgestellt wird ausgesondert werden. Sonst würden die Föten ja wahrscheinlich später abgetrieben werden.
 Es wundert mich sehr, dass die PID auch dann möglich ist, wenn genetisch bedingt Krankheiten erst in höherem Alter auftreten könnten.
 Weil bei der PID immer mehrere Eizellen befruchtet werden, kann ich mir gut vorstellen, dass dann auf Wunsch auch das Geschlecht ausgewählt werden kann.
 Wenn die medizinische Forschung weitergeht, ist es sicher auch möglich, nach anderen Gesichtspunkten wie z. B. Augen- und Haarfarbe auszuwählen.
Menschen mit Behinderungen werden als „unerwünscht“ und „verhinderbar“ angesehen. Schon heute werden Eltern von behinderten Kindern schief angesehen und gefragt: „Musste das sein?“ 
Hoffentlich beginnt nun nicht wieder die Diskussion um lebenswertes und lebensunwertes Leben.
 Trotz PID wird es weiter Krankheit und Behinderung geben.
Es gibt Menschen, die trotz schwerster Behinderung gerne leben.
 Deshalb wünsche ich mir, dass die Diskriminierung behinderter Menschen nicht weiter zunimmt!

Leichte Sprache: Nur für Menschen mit Handicap?

17. November 2012: 2006 wurde das Netzwerk „leichte Sprache“ gegründet. Es sollte Menschen mit Lernschwierigkeiten die Teilhabe am öffentlichen Leben erleichtern und eine Ausgrenzung aus sprachlichen Gründen verhindern.

Als ich 2010 bei einer Inklusionsveranstaltung den ersten Vortrag in leichter Sprache hörte, war das sehr ungewohnt. Die Referentin meinte, dass es gar nicht so einfach ist, kurze Sätze zu bilden, keine Fremd- und Fachwörter zu verwenden und schwierige Wörter zu erklären.

Deutschland ist ja auch das Land der Dichter und Denker, da passt doch keine leichte Sprache – oder?

Bei einer Veranstaltung in Berlinerklärte ein Bundestagsabgeordneter, dass er regelmäßig ganz kurzfristig viele Texte und Entwürfe lesen und durcharbeiten muss. Einmal war er so sehr unter Zeitdruck, dass er froh war, dass es den Text auch in leichter Sprache gab. So konnte er sich schnell einarbeiten und fühlte sich trotzdem gut informiert.

Eine Professorin meinte, sie fühlt sich immer überfordert mit amtlichen Schreiben, deshalb freut sie sich, dass sie eine Freundin hat, die Juristin ist und ihr die Texte erklären kann.

Leichte Sprache ist also nicht nur für Menschen, die nicht so gut lesen können oder nicht so gut Deutsch können, wichtig. Leichte Sprache ist gut für alle Menschen!

Deshalb sollten vor allem Anträge, Verträge und amtliche Schreiben in leichte Sprache übertragen werden.

Zum Glück gibt es schon viele Texte und auch Bücher in leichter Sprache:

  • Die UN-Konvention über Rechte behinderter Menschen
  • Das Behindertengleichstellungsgesetz
  • Texte auf der Homepage der Bundesregierung
  • Texte auf der Homepage der Lebenshilfe usw.

Ich finde es auch schön, dass die Ohrenkussautorenportraits nun auch in leichte Sprache übersetzt wurden.

Das ist ein gutes Beispiel, dem andere folgen sollten.

 

Der neue Bluttest – Fluch oder Segen?

16. September 2012: Demnächst soll ein neuer Bluttest der Firma Lifecodexx auf den Markt kommen.

Mit diesem Test kann man schon in der 10. Schwangerschaftswoche feststellen, ob das ungeborene Kind eine Chromosomenanomalie hat. Bisher war dies nur mit einer Fruchtwasseruntersuchung möglich.

Das ist natürlich ein großer Fortschritt. Ich kann gut verstehen, dass alle werdenden Eltern sich ein gesundes Kind wünschen.

Aber es gibt sehr viele verschiedene Behinderungen, die man mit diesem Test nicht ausschließen kann und die meisten erwirbt man auch erst im Laufe des Lebens.

Da man das Down-Syndrom nicht therapieren kann, dient dieser Test nicht dazu, zu heilen sondern ausschließlich der Selektion. Das macht mich sehr betroffen, weil es wahrscheinlich bald kaum noch Menschen geben wird,  die wie ich mit dem Down-Syndrom leben, wenn dieser Früherkennungstest zur Routineuntersuchung wird. Schließlich werden heute schon 95 % der Föten abgetrieben, wenn man eine Trisomie  feststellt.

Schade, dass die Vorstellung ein Kind mit Down-Syndrom zu bekommen für die meisten Menschen so erschreckend ist. Vielleicht würde sich das ändern, wenn sie uns kennen lernen würden. Ich war am 5. Mai beim 10. Deutschen Down–Syndrom Sportlerfestival der Firma Hexal in Frankfurt und durfte viele glückliche und fröhliche Kinder  mit Trisomie 21 und ihre Familien sehen. Sicher hatten auch diese Eltern Angst davor, was auf sie zukommt und möchten heute nicht mehr auf diese liebenswerten Kinder verzichten.

Die meisten Menschen mit Down–Syndrom leben gerne und leiden auch nicht unter der Chromosomenanomalie.

Ich frage mich, was wird, wenn sich eine schwangere Frau gegen diesen Test oder trotzdem für ihr behindertes Kind entscheidet. Verweigern die Krankenkassen dann die notwendigen Therapien und Behandlungen weil man das ja hätte verhindern können?

Leider müssen sich Eltern behinderter Kinder heute schon fragen, „ob das denn sein musste“.

Ich finde, dass unsere Welt ärmer wäre, wenn es diese Menschen nicht mehr gäbe.

Wir gehören doch dazu!