Lebenslanges Lernen trotz Behinderung

16. April 2012: Lernen macht Spaß, lernen macht unabhängig, man wird dadurch selbstständiger und erweitert seinen Horizont.

Ich hatte als Kind viele Lernspiele und auch heute noch lerne ich sehr viel spielerisch.

Schon mit drei Jahren lernte ich es, meinen Kassettenrecorder zu bedienen. Ich liebte meine Hörspiele und meine Musikkassetten und plapperte die Texte mit. So konnte ich meinen Wortschatz erweitern. Der Computer hat schon immer eine große Anziehungskraft auf mich ausgeübt. Zu meinem fünften Geburtstag bekam ich mein erstes Lernprogramm. Es war ein englisches ABC-Programm und machte mir viel Freude.

Schon bald entdeckte ich, dass der Computer der beste Lehrer für mich war. Ich konnte immer wenn ich Lust dazu hatte meine Lernprogramme öffnen und alle Themen so oft wiederholen, wie ich wollte. Weil der Computer Fehler sofort erkennt und meldet, prägten sich auch keine Fehler ein und ich bekam dadurch viel Sicherheit.

Diese Möglichkeit zu lernen wünsche ich alle Menschen.

Leider achtet man bei Menschen mit Behinderung nur auf ihr Defizit und

darunter leidet auch das Selbstwertgefühl. Zur Chancengleichheit gehört auch das Recht zu lernen. Obwohl in Deutschland Schulpflicht herrscht, gibt es viele Analphabeten. Besonders Menschen mit Handicap verlernen die mühsam erworbenen Fähigkeiten weil sie nicht genutzt werden.

Darum ist lebenslanges Lernen besonders auch für Menschen mit Behinderung sehr wichtig.

Je mehr man gelernt hat, desto besser findet man sich in seiner Umwelt zurecht und um so mehr wird man auch von seinen Mitmenschen akzeptiert.

Leider können sich viele das Lernen gar nicht leisten. Computerkurse oder Volkshochschulkurse sind teuer. Ich wünsche mir deshalb eine Datenbank, die Menschen mit Handicap kostenlos lebenslanges Lernen ermöglicht.

Mein Beitrag zur Inklusion auf Veranstaltungen

10. März 2012: 2009 nahm ich an einem Schreibwettbewerb des bvkm und der Aktion Mensch mit dem Titel „Frauen sind anders – Männer auch“ teil. Für meine Geschichte „Leben mit Handicap“ bekam ich den 3. Preis und seither auch mehrere Einladungen, auf Veranstaltungen über Inklusion zu sprechen. Das mache ich sehr gerne, weil mir gerade Menschen mit Down-Syndrom sehr am Herzen liegen. Ich möchte zeigen, dass wir auch etwas können und dazu gehören.

So hatte ich Gelegenheit, beim Lionsclub in Darmstadt einen Vortrag über mein Leben mit dem Down-Syndrom zu halten.

Auch bei einer Inklusionsveranstaltung zum Projekt AHA vom Roten Kreuz habe ich einen Vortrag gehalten und mehrere Stücke auf dem Klavier gespielt.

Bei einer Veranstaltung der LAG gemeinsam leben – gemeinsam lernen wurde ich zum Thema Arbeit interviewt und beim 25jährigen Jubiläum habe ich Klavier gespielt.

In dem Film „vier Leben“ von Cornelia Thau bin ich ja eine der Protagonisten. Bei einigen Filmvorführungen in der Nähe von meinem Wohnort war ich dabei und stellte mich anschließend zusammen mit Frau Thau den Fragen der Zuschauer.

Mir macht es sehr viel Spaß und ich bin auch gar nicht aufgeregt.

Mit dem Ohrenkuss habe ich auch schon an verschiedenen Lesungen, z.B. im Amerikahaus in Köln oder an der PH in Heidelberg usw. teilgenommen.

Im Februar habe ich eine Einladung nach Berlin. Dort soll ich an einer Diskussion teilnehmen.

Viele Zuhörer kennen gar keine Menschen mit Down-Syndrom, darum möchte ich gerne helfen, die Berührungsängste abzubauen.

Als ich einmal für eine Zeitung interviewt wurde, meinte der Journalist, dass er zunächst sehr befangen war, weil er nicht wusste, was auf ihn zukommt (er hatte keine Vorstellung vom Down-Syndrom). Die Atmosphäre war dann sehr locker und er bedankte sich bei mir.

Ich möchte, dass alle Menschen so akzeptiert werden, wie sie sind und glaube, dass sich in unserer Gesellschaft nur dann etwas ändert, wenn wir mehr voneinander erfahren.

Deshalb war ich schon bei einigen Radio- und Fernsehsendungen zu hören und sehen.

Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich sprechen und schreiben kann und möchte mich gerne auch für alle Mitmenschen einsetzen, die dies nicht können.

Darum mache ich gerne bei der Inklusionskampagne der Aktion Mensch mit!

 

 

Inklusion auf Blindenfreizeiten

12. Februar 2012: Einige Jahre fuhr ich als Begleiterin mit zu Blindenfreizeiten.

Das waren sehr schöne Erlebnisse und ich erinnere mich noch gerne daran. Wir waren immer eine sehr gemischte Gruppe, vom Kind bis zum Senior waren  alle Altersgruppen vertreten. Neben körperbehinderten und blinden oder sehbehinderten Teilnehmern waren auch sehende Begleiter und Familienangehörige dabei.

Wir waren eine sehr fröhliche Gruppe. Jeder Tag begann mit einer Andacht und jeden Abend sangen wir Lieder und erzählten von unseren Erfahrungen.

Als wir in Braunlage waren, staunten wir nicht schlecht, dass  wir gleich bei unserem ersten Spaziergang in den Ort mit Musik begrüßt wurden. Wir sahen einen Umzug vom Trachtenverein und verschiedenen Musikkapellen.

In den nächsten Tagen unternahmen wir sehr viel. Wir bewunderten die norwegische Stabhozkirche, das Wahrzeichen von Bockswiese – Hahnenklee und besuchten die Okertalspelle, in der es ein versunkenes Dorf geben soll. Mit der Schmalspurdampfeisenbahn ging es auf den Brocken und mit der Seilbahn auf den Wurmberg. In Werningerode bestaunten wir die Fachwerkhäuser und in Goslar auch die Kaiserpfalz. Außerdem besuchten wir die Rubeländer Tropfsteinhöhle und das Silberbergwerk „Grube Samson“.

Eine Freizeit ging nach Landschlacht, 15 km östlich von Konstanz in der Schweiz gelegen. Hier besichtigten wir die Appenzeller Käserei. Es war sehr interessant, zu sehen, wie Käse hergestellt wird. Wir bekamen Molke zu trinken und durften verschiedene Käsesorten probieren.

In Münsterlingen besuchten wir ein Fischereimuseum. Hier entdeckten wir ein großes Holzboot, welches aus dem Bodensee geborgen worden war. Überall hingen Fischernetze und  lebensgroße Fischerfiguren waren zu sehen.

Fast täglich badeten wir im Bodensee. Auch eine Fahrt zur Insel Mainau, zum Rheinfall von Schaffhausen und nach Konstanz gehörten zum Programm.

Ein anderes Mal ging es nach Heiligenstadt in die Fränkische Schweiz. Von hier aus besuchten wir die Feste Coburg mit dem Lutherzimmer, bewunderten die Hochzeitskutschen, die Ritterrüstungen und die Waffen. Eine Fahrt ging nach Bamberg, dem Venedig des Nordens, wo wir die Altstadt und den Dom besichtigten, eine andere nach Nürnberg mit der imposanten Burg.

Mit dem Bus ging es zur Teufelshöhle, einer Tropfsteinhöhle mit Stalagmiten und Stalagtiten bei Gößweinstein Pottenstein und zur Sommerrodelbahn.

Sicher werden die meisten Leser denken, was sollen blinde Menschen dort, wenn sie gar nicht sehen können? Das dachte ich zuerst auch, aber dann ich habe immer wieder gestaunt, wie interessiert und begeisterungsfähig die blinden Menschen waren und wie gut es ihnen gefiel. Jeder Sehende führte ein oder zwei Blinde und erzählte immer, was es zu sehen gab. Die blinden Besucher durften auch alles vorsichtig anfassen und ertasten.

Für mich war das auch toll, weil ich schon immer gerne geredet habe und nun freuten sich meine Zuhörer sogar darüber. Weil unsere Blinden auch immer erzählten, was sie alles gesehen haben, vergaßen wir fast, dass sie eigentlich blind sind.

Wenn wir in eine City kamen, gehörte für die meisten Blinden ein Besuch in der Eisdiele oder im Café dazu. Die jungen Frauen meinten dann manchmal: „ Hier riecht es nach Kleidung, lasst uns shoppen gehen!

Wir hatten viel Spaß beim Anprobieren und ich erzählte, wie die Kleidungsstücke aussahen und aus welchem Material sie waren.

Am Ende der Freizeit gab es immer einen bunten Abend mit Lagerfeuer, Gesang und Gitarrenmusik. Wir grillten, führten Sketche  auf, lasen lustige Geschichten und Gedichte. Jeder, der Lust hatte, konnte mitmachen.