3. Dezember 2021: Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung

3. Dezember 2021: Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung

1981 rief die UNO das Jahr der Behinderten aus, um auf Menschen mit Behinderung aufmerksam zu machen. Von 1983 bis 1993 gab es sogar eine Dekade der behinderten Menschen. Die UNO hat den Internationalen Tag der Behinderten am 3. Dezember 1992 eingeführt, woraufhin er 2003 erstmals als Gedenk- und Aktionstag gefeiert wurde. Im Grundgesetz steht, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben und darauf soll an diesem Tag aufmerksam gemacht werden.

António Guterres, der UNO Generalsekretär hat dazu aufgerufen: „Verpflichten wir uns an diesem Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen darauf, eine nachhaltige, inklusive und gerechte Zukunft für alle Menschen zu schaffen und niemanden zurückzulassen.“

Dieser Satz macht mich in diesem Jahr sehr nachdenklich. Genau das habe ich mir immer gewünscht und dafür habe ich mich auch immer eingesetzt.

Dabei lag mein Schwerpunkt natürlich bei den Menschen mit einer Trisomie 21. Ich habe mich für das Lebensrecht und gegen einen Bluttest eingesetzt, der keinerlei therapeutischen Nutzen hat und nur der Selektion gilt.

Ich wollte immer zeigen, dass wir Menschen mit der Trisomie ein Teil der Gesellschaft sind und gerne leben. Ich wollte werdenden Eltern die Angst vor einem behinderten Kind nehmen und ich wollte zeigen, dass man auch mit einem Kind mit Down-Syndrom glücklich sein kann. Meine Devise lautet: „Wer gesehen wird, gehört dazu!“ Wie lange werden Menschen wie ich überhaupt noch gesehen?

Vom kommenden Frühjahr an werden die Bluttests auf Trisomien Kassenleistung.

Ein Test, der besonders bei jungen schwangeren Frauen oft falsch positiv ist, ein Test, der sehr belastend ist, wenn er positiv ausfällt und Druck auf die schwangere Frau ausübt, sich gegen das Kind zu entscheiden.

Dieser Test suggeriert wenn er negativ ist, dass alles in Ordnung ist und man sich auf ein gesundes Kind, ein Kind ohne Behinderung freuen darf. Ist das so, gibt dieser Test wirklich die Gewissheit, dass alles in Ordnung ist?

Nein! Es gibt viele andere Krankheiten oder Behinderungen, die mit diesem Test nicht festgestellt werden und außerdem entstehen die meisten Behinderungen ohnehin erst im Laufe des Lebens. Und dann……?

Ich kann gut verstehen, dass werdende Eltern sich wünschen, dass ihr Kind gesund und auch ohne Behinderung zur Welt kommt, aber es macht mich traurig, dass so viele Schreckensszenarien über das Leben mit einer Trisomie 21 verbreitet werden.

Immer wieder wird betont, was für eine Belastung so ein Kind ist und dass es nie selbständig wird. Immer wird betont, was diese Kinder angeblich nicht können und warum es besser ist, sich gegen so ein Kind zu entscheiden.

Ich würde mir wünschen, dass alle Eltern, die in dieser Situation sind, vor ihrer Entscheidung Kontakt zu Familien mit einem Mitglied mit Down- Syndrom aufnehmen und sie kennenlernen.

Eigentlich bin ich ein positiv denkender Mensch und glaube immer an das Gute im Menschen.

Darum wünsche ich mir so sehr, dass auch weiterhin Kinder mir einer Trisomie geboren werden dürfen. Unsere Welt wäre ganz bestimmt ärmer, wenn es diese kleinen fröhlichen und glücklichen Kinder nicht mehr gäbe.

Ganz bestimmt könnten auch die Medien dazu beitragen, ein positiveres Bild dieser Menschen zu zeigen.

Im Gegensatz zu den Medienberichten leiden wir nicht am Down-Syndrom und sind nicht krank.

Wir haben die gleichen Wünsche und Bedürfnisse wie alle anderen Menschen auch und wir haben Rechte! Darauf möchte ich gerne aufmerksam machen.

Wie schön wäre es, wenn es viele positive Berichte gäbe, Berichte, die Mut machen.

Als Schauspielerin betone ich auch immer wieder, wie wichtig es wäre, wirklich inklusive Filme zu drehen. Filme, in denen alle zu sehen sind und in denen Behinderung gar kein Thema ist.

Die Medienwelt spiegelt ja unsere Gesellschaft wieder. Leider kommen da kaum Menschen mit Down-Syndrom vor und wenn, tragen die vielen Klischees auch nicht gerade dazu bei, den oft negativen Eindruck, der in unserer Gesellschaft herrscht geradezurücken.

Ich frage mich, ob die Filmschaffenden wohl den Mut aufbringen, wirklich inklusiv zu werden. Dazu gehört nicht nur mal ein Rollstuhlfahrer sondern alle. Ich wünsche mir Drehbücher, die Figuren mit Down-Syndrom weder als Opfer noch als Helden darstellen. Sie sollen ganz normal mitspielen und dann ändert sich auch das Bild von ihnen in unserer Gesellschaft.

Ich wünsche mir Inklusion in allen Bereichen, im Kindergarten, in der Schule, im Arbeitsbereich, im Wohnbereich, im Freizeitbereich und besonders auch im Kulturbereich auch für Menschen mit einer Trisomie 21.

Ich möchte mich nicht an den Gedanken gewöhnen, dass gar keine Babys mit Zusatzchromosom mehr geboren werden.

„Wer gesehen wird, gehört dazu!“

Und wenn alle gesehen werden und dazugehören, wird unsere Welt viel bunter und schöner!

Das wünsche ich mir für diesen 3. Dezember, den Tag der Menschen mit Behinderung und für alle kommenden Tage, Wochen, Monate und Jahre!

Meine Erfahrungen in der Coronazeit

Meine Erfahrungen in der Coronazeit

Ende 2019 breitete sich die Nachricht von einer neuartigen Krankheit aus.

Ein Coronavirus SARS-CoV-2 breitete sich von China ausgehend weltweit aus und entwickelte sich im Frühjahr 2020 zur Pandemie.

Dieses Virus ist hochinfektiös und es erkrankten immer mehr Menschen daran. Viele mussten wegen akuter Atemnot auf der Intensivstation im Krankenhaus beatmet werden und trotzdem konnten nicht alle gerettet werden. Viele starben auch daran.

Wie für viele meiner Mitmenschen änderte sich mein Leben schlagartig durch Corona.

Das Jahr hatte so vielversprechend begonnen. Ich durfte vom 1. – 14. Februar 2020 an einem Schauspielworkschop in Andalusien teilnehmen. Das war eine sehr schöne Erfahrung.

Am 19., 20. und 21. Februar 2020 spielte ich noch die Leonie in dem Stück „Cheer Out Loud“ am Grips Theater in Berlin.

Am 23. Februar 2020 war ich auf der Berlinale und schaute mir „Undine“, einen Film von Christian Petzold mit Paula Beer und Franz Rogowski an.

Ich war begeistert von der Rolle der Undine und dachte: „So eine tolle Rolle möchte ich auch mal spielen!“

Für das ganze Jahr 2020 hatte ich schon viele Anfragen, z. B. sollte an einer Talkschow teilnehmen, einen Preis entgegennehmen, Vorträge halten, als Schirmherrin eine Inklusionsveranstaltung eröffnen usw.

Leider wurden alle Veranstaltungen abgesagt oder verschoben.

Am 11. März 2020 durfte ich noch gemeinsam mit Axel S. den Fachtag in Stuttgart „Für Vielfalt in der kulturellen Bildung – Alle Da?!“ moderieren. Das war meine letzte Liveveranstaltung. Die Achterbahn Frauentagshow am 14. März 2020, die ich auch gemeinsam mit Axel S. moderieren sollte, durfte wegen Corona nicht mehr mit Publikum stattfinden.

Aufgeben gab es nicht also kam die Idee auf, eine Onlineshow zu veranstalten.

Es war schon eigenartig, eine Veranstaltung ohne Publikum aufzuzeichnen, aber wir waren glücklich, dass die Veranstaltung überhaupt stattfinden konnte.

Ich hoffte so sehr, dass Corona bald vorbeigehen würde und der Lockdown beendet sein würde.

Leider hoffte ich vergeblich.

Es gab gar keine Anfragen mehr, das war richtig unheimlich.

Wenn man keine Aufträge bekommt und keine Filmrollen, verdient man natürlich auch nichts.

Aber die Infektionszahlen stiegen immer mehr an und viele Menschen starben an diesem Virus. Da war es schon gut, vorsichtig zu sein.

Für etwas Abwechslung sorgten Interviewanfragen von verschiedenen Zeitungen und ich freute mich sehr, über die vielen Artikel.

Zum Glück hatte ich dann doch die Möglichkeit, an einem Filmworkschop von Rollenfang in Berlin teilzunehmen und auch im Tonstudio in Berlin Adlershof eine Rolle zu synchronisieren.

Besonders freute ich mich dann über ein Engagement am Staatstheater in Darmstadt.

Leider konnten wir nicht wie geplant auf der Bühne vor Publikum spielen, aber zum Glück entwickelten Christoph Frick und Lothar Kittstein mit dem Ensemble des Theaters und 161.998 Darmstädter*innen das Projekt Jetzt!

Das war wieder eine ganz neue Erfahrung für mich. Proben liefen nur über Zoom.

Der Austausch mit dem Ensemble und den Darmstädtern war sehr spannend.

Ich freute mich riesig darüber, dass ich vom Balkon des Staatstheaters aus Reden an die Stadt Darmstadt halten durfte. Zwei Trompeter begleiteten mich und wir bekamen wunderschöne Kostüme.

Ich gewöhnte mich an Zoomeetings und lernte dazu. Deshalb freute ich mich sehr, als ich dann wieder Vorträge halten konnte, zwar nicht live, aber immerhin. So entwickelte sich auch etwas Positives durch die Coronapandemie für mich.

Als ich ein Impfangebot bekam, habe ich mich natürlich auch impfen lassen.

So konnte ich dann auch mal wieder drehen.

Für die Filmakademie in Ludwigsburg spielte ich die Fine in dem Stück „Forever Young“

Unter Coronaregeln wurde gedreht, dass heißt, trotz Impfung jeden Tag testen lassen, Maske tragen, und nur beim Dreh abnehmen.

Es war schön, mal wieder vor der Kamera zu stehen und ich bin schon sehr gespannt auf den fertigen Film.

Da ich ein positiv denkender Mensch bin, freue ich mich schon sehr auf die kommende Zeit.

Es wird bestimmt bald wieder alles besser.

Jetzt freue ich mich erst mal riesig auf meinen Tauchurlaub im Oktober. Ich werde in Ägypten viele Freunde treffen und im roten Meer wieder die wunderschöne Unterwasserwelt genießen.

Inklusion für alle Wähler

Inklusion für alle Wähler

Viele Menschen mit Down-Syndrom oder solche, die einen gerichtlich bestellten Betreuer haben, wurden von dem Wahlrecht ausgeschlossen.

Zum Glück wurde diese Regelung vom Bundesverfassungsgericht 2019 als verfassungswidrig eingestuft. Am 16. Mai 2019 hat der Bundestag die Wahlausschlüsse von Menschen mit Betreuung in allen Angelegenheiten aus dem Bundeswahlgesetz gestrichen. Seitdem dürfen alle Menschen wählen und es gilt Inklusives Wahlrecht für alle.

Der Bundestag wird alle vier Jahre neu gewählt und am 26. September 2021 sind in Deutschland wieder Bundestagswahlen. Außerdem wird auch in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern gewählt.

Für viele betreute Menschen wird es das erste Mal sein, dass sie an Wahlen teilnehmen dürfen. Sie haben die Möglichkeit sich in leichter Sprache zu informieren und auch eine Wahlassistenz zu nutzen. Das ist gut und wichtig. Dabei muss aber beachtet werden, dass sie nicht manipuliert werden.

Diesmal gibt es drei Kandidaten, die gerne Kanzler:in werden möchten.

Deshalb gibt es viele Veranstaltungen, bei denen sie Ihr Programm vorstellen und um die Stimmen der Wähler kämpfen. Sie halten Reden und stellen sich den Fragen der Journalist:innen und Wähler:innen. Sie machen deutlich, warum sie meinen, dass sie besonders geeignet sind, unser Volk zu regieren.

Leider habe ich bei diesen Veranstaltungen Menschen mit Behinderung vermisst. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass man sie vielmehr mit einbezogen hätte.

Auch wir haben Fragen und möchten gerne, dass unsere Probleme und Rechte berücksichtigt werden.

Ich möchte z. B. wissen, ob der Mindestlohn von 12,00 € dann auch für solche Arbeitnehmer gilt, die in Werkstätten für behinderte Menschen arbeiten. Warum werden diese Menschen eigentlich in Werkstätten abgeschoben und bekommen auf dem ersten Arbeitsmarkt keinen Job?

Besonders traurig macht es mich, dass der Bluttest auf Trisomie Kassenleistung ist, obwohl er ja gar keinen medizinischen Nutzen hat. Er dient nur der Aussonderung.

Das war mit Sicherheit eine falsche Entscheidung. Kann man dagegen klagen? Ich kann einfach nicht verstehen, warum man so entschieden hat. Bestimmt kennt kaum einer von ihnen Menschen mit Down-Syndrom.

Was ist an uns Menschen mit einer Trisomie so schrecklich, dass man uns jetzt schon im Mutterleib aussondert?

Ich lebe mit einer Trisomie 21 und ich lebe gerne, deshalb würde ich gerne mal die Gelegenheit bekommen, den Politiker:innen zu erzählen und zu zeigen, wie mein Leben ist.

Ich wünsche mir Inklusion von Anfang an, im Kindergarten, in der Schule, im Arbeitsbereich, im Wohnbereich und im Freizeitbereich.

Ich wünsche mir, dass Menschen mit Behinderung auch in den Bundestag gewählt werden und dass Politiker:innen die Gelegenheit suchen. Sich mit uns auszutauschen und uns zu Gesprächen einladen.

Da gibt es den Spruch, dass man nicht ohne uns über uns entscheiden soll.

Für mich ist Inklusion ein ganz wichtiges Thema, aber ich kann mich nicht erinnern, im Wahlkampf etwas darüber gehört zu haben. Dabei möchte ich doch gerne Volksvertreter:innen wählen, die auch meine Interessen vertreten.

Es ist gut, dass das Verfassungsgericht den Wahlausschluss für verfassungswidrig erklärt hat und nun nahezu alle Menschen wählen dürfen!

Mein Wunsch wäre es noch, dass Politiker:innen auch den regelmäßigen Austausch mit Menschen mit einer Behinderung suchen und ihnen zuhören!

Wir gehören nämlich zu unserer Gesellschaft dazu!