20. April 2013: Mir ist aufgefallen, dass alte, demenzkranke und behinderte Menschen nicht nur in den Heimen sondern auch im Alltag oft geduzt werden.
Nun habe ich mir Gedanken gemacht, woran das liegt.
Vergleicht man diese Menschen mit Kindern und möchte ihnen durch das vertraute „Du“ Sicherheit geben oder nimmt man sie nicht für voll?
Hat es vielleicht etwas mit fehlender Achtung und Akzeptanz zu tun, weil man meint, die sind nicht mehr ganz klar im Kopf, die kann man ruhig duzen?
Mir ist es egal, wie ich angesprochen werde, aber vielleicht sehen das nicht alle Menschen mit Handicap so.
Zuerst dachte ich immer, dass ich geduzt werde, weil ich so jung aussehe.
Aber dann habe ich festgestellt, dass ich auch bei Ämtern oder Ärzten, wo mein Geburtsdatum bekannt ist zunächst mit „Sie“ angesprochen und schon nach wenigen Sätzen geduzt werde.
Ich habe nur ein einziges Mal erlebt, dass ein Oberarzt mich von Anfang bis Ende gesiezt hat.
Er hat mir dadurch signalisiert, dass ich für Ihn ein Patient wie jeder andere bin und ernst genommen werde.
Nun habe ich mir überlegt, wie würden diese Leute wohl reagieren, wenn man sie auch immer „duzt“?
Wären Sie gekränkt oder würden Sie nachdenklich werden?
Für mich ist es selbstverständlich, fremde Menschen zu siezen, weil es eine Form der Höflichkeit ist. Da mache ich keine Ausnahme, egal, wie groß ihr Handicap ist.
Ich denke dabei nicht an bestimmte Gruppen oder Kreise, in denen es selbstverständlich ist, sich gegenseitig zu „duzen“.
Mich würde sehr interessieren, wie Sie darüber denken!
Guten Abend Frau Kühne,
ich teile Ihre Meinung, was das Siezen und Duzen betrifft. Ich denke auch, dass es eine Form der Höflichkeit ist, fremde Menschen zu „siezen“, egal, ob diese Menschen nun eine Behinderung oder eine sonstige Beeinträchtigung haben. Für mich hat das aber auch etwas mit Respekt, Wertschätzung und Anerkennung zu tun. Wenn ich einen Menschen „sieze“, zeige ich ihm damit, dass ich ihn ernst nehme und ihn als Teil der Gesellschaft anerkenne. Ich bin auch Ihrer Meinung, dass dieses Problem etwas damit zu tun haben könnte, dass Menschen mit einer Behinderung, insbesondere dann, wenn sie eine kognitive Beeinträchtigung haben, von vielen Menschen innerhalb der Gesellschaft nicht für voll genommen werden. Es könnte aber auch daran liegen, dass Menschen ohne eine Behinderung oft verängstigt und verunsichert sind, wenn sie auf einen Menschen mit einer Behinderung treffen. Sie wissen dann oftmals nicht, wie sie mit dieser Situation umgehen und wie sie sich nun am Besten verhalten sollen. Dies könnte vielleicht auch ein Grund sein, warum in der Kommunikation mit Menschen mit Behinderung häufig vom „sie“ zum „du“ gewechselt wird.
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