Soll der PraenaTest Kassenleistung werden?

Seit 2012 ist ein nicht invasiver pränataler Test (NIPT) auf dem Markt, mit dem aus dem mütterlichen Blut Veränderungen im Erbgut des ungeborenen Kindes festgestellt werden können.

Kassenleistungen müssen zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Aber handelt es sich bei diesem Test auch um eine medizinische Notwendigkeit mit medizinischem und therapeutischem Nutzen?

Nein, es handelt sich bei dem Test eindeutig um ein Screening, eine Suchmethode zur Selektion. Denn dieses Diagnoseverfahren sorgt nicht für die Verbesserung von Therapiemöglichkeiten und Lebensperspektiven von Menschen mit Behinderung. Sie sagt auch nichts über den Schweregrad der Behinderung aus.

Welchen Nutzen hat dieser Test? Fällt er positiv aus, ist es eine erhebliche physische und psychische Belastung für die werdenden Eltern und sie geraten in ein Dilemma. Deshalb entscheiden sie sich meist für eine Abtreibung.

Die Konsequenz wird sein, dass auch bei uns in Deutschland bald ähnlich, wie in Island keine Kinder mit Down-Syndrom mehr geboren werden.

Im dritten Reich bei den Nationalsozialisten unter Hitler wurden Menschen wie ich mit einer Trisomie 21 ausgerottet, schließlich handelte es sich um lebensunwertes Leben. So weit gehen wir natürlich heute nicht mehr.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar!“, das steht ja sogar in unserem Grundgesetz.

Aber heute stellt ein Kind mit einer Trisomie 21 für die Mutter eine zu hohe psychische Belastung dar und soll deshalb abgetrieben werden.

Die Entscheidung liegt natürlich bei den Eltern, aber meistens wird doch eine Abtreibung empfohlen. Außerdem werden meist nur Schreckensszenarien aufgezeichnet. Man spricht von Krankheit, Leiden Überforderung und ständiger Belastung, weil man ein Leben lang für das Kind sorgen muss.

Die Angst der werdenden Eltern wird noch gesteigert durch die Aussagen, dass diese Kinder keine Chance und keine Entfaltungsmöglichkeiten haben und in ständiger Abhängigkeit leben.

Dabei frage ich mich woher kommen diese Vorstellungen und Vorurteile?

Wer Menschen mit Down-Syndrom und ihre Familien kennt, weiß, wie glücklich sie sind und wieviel Lebensfreude sie ausstrahlen.

Wir sind nämlich nicht krank und haben die gleichen Bedürfnisse, wie alle anderen Menschen auch.

Wir gehören dazu und können auch etwas leisten, wenn man uns nur etwas zutraut.

Ich wünsche mir Inklusion und Vielfalt und ein Lebensrecht für alle.

Wenn alle Menschen gemeinsam aufwachsen und im Kindergarten, in der Schule, im Arbeitsbereich, im Wohnbereich und Freizeitbereich miteinander leben und voneinander lernen, entstehen gar nich erst die Barrieren in den Köpfen.

Richard von Weizsäcker hat gesagt: „Es ist normal, verschieden zu sein!“

Unsere Welt wäre ärmer, wenn es die vielen fröhlichen Kinder mit dem Down-Syndrom nicht mehr gäbe!

Selbstverständlich wünschen sich alle werdenden Eltern ein gesundes Kind, aber garantiert dieser Bluttest das?

Nein, denn die meisten Behinderungen erlangt man erst im Laufe seines Lebens. Mit diesem Bluttest kann man bisher nur Trisomien, und Fehlverteilungen der Geschlechtschromosomen und keine Mosaikformen der Trisomie bestimmen.

Es gibt aber noch viele andere Gründe für eine Behinderung.

Vielleicht ist schon bald mehr möglich und dann frage ich mich, wie weit wollen wir gehen und wo sind die Grenzen des medizinisch Machbaren?

Wird es bald Designerbabies geben?

Ich möchte gerne einen Beitrag dazu leisten, werdenden Eltern die Angst vor einem behinderten Kind zu nehmen.

Wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich gar nicht behindert und liebe mein Leben. Leider werde ich aber manchmal wegen der Ablehnung meiner Mitmenschen behindert.

Ich bin ein glücklicher Mensch und lebe meinen Traum.

Als Aktivistin für Inklusion setze ich mich auch dafür ein, Vorurteile abzubauen und die Teilhabebedingungen zu verbessern.

Leider gibt es dafür aber nicht genug Geld.

Ich wünsche mir jedenfalls, dass alle Eltern die Möglichkeit nutzen, Menschen mit Down-Syndrom und ihre Familien kennen zu lernen, bevor sie sich für eine Abtreibung entscheiden.

Es wäre auch gut, wenn unsere Abgeordneten, die darüber entscheiden, ob dieser Test Kassenleistung wird sich davon überzeugen würden, was für ein gutes Leben auch mit Trisomie 21 möglich ist.

9 Kommentare zu “Soll der PraenaTest Kassenleistung werden?

  1. Ganz toll geschrieben und so wahr!!!
    Wir sind zum Beispiel auch eine total glückliche Familie mit 3 Kindern und Eines davon mit Downsyndrom! Wenn einer Freude am Leben hat dann er! Wir haben es per“Zufall “ (Herzfehler/Darmfehlbildung. Daher hatte ich zuviel Fruchtwasser und es musste abgesaugt werden. Dabei ließen wir dann das Fruchtwasser untersuchen ) in der Schwangerschaft schon erfahren und haben uns bewusst für unseren Jonas entschieden und uns von Anfang an auf ihn gefreut!

    Like

  2. Danke für den Beitrag.
    Ich bin derzeit schwanger und habe den Bluttest (auch wegen der hohen Kosten) nicht machen lassen.
    Ich glaube, wenn es eine Kassenleistung wäre, hätte ich es testen lassen.
    Aber was dann?
    Ich habe viel nachgedacht, wie ich im Fall des Falles, reagiert hätte.
    Das kleine Lebewesen war schon da und es war gewollt.
    Ich möchte nicht über Leben und Tod entscheiden.
    Im Nachhinein bin ich froh, keinen solchen Test gemacht zu haben.
    Diese Überlegungen und ggf. Entscheidung hätte ich nicht gewollt.
    Nichts desto Trotz wünsche ich mir natürlich ein gesundes Kind, aber willkommen ist es so oder so.

    Gefällt 1 Person

  3. Ich finde es sehr löblich, dass sie sich gegen die Abtreibung von ungeborenen Kindern mit Down-Syndrom einsetzen. Aber warum setzen sie sich nicht grundsätzlich und konsequent für jedes ungeborene Leben ein?

    Ich verstehe ihren Beweggrund, da sie sich als Betroffene für ihre Lobby stark machen wollen. Aber ist nicht jedes Leben schützenswert, egal ob geboren oder ungeboren, ob mit oder ohne Down-Syndrom?

    Wer sind wir, dass wir uns (als Gesellschaft) anmaßen zu bestimmen, ab welchem Entwicklungsstadium ein Organismus im Mutterleib als „Zellhaufen“ (biologisch minderwertig) und ab wann er als Mensch (schützenswert) gilt?

    Denken sie mal darüber nach.

    Viele Grüße

    Tom

    Like

    • Hallo Thomas,
      In dem Beitrag schreibe ich: „Ich wünsche mir ein Lebensrecht für alle!“
      Dafür habe ich mich auch immer eingesetzt, aber hier geht es nun mal um den Bluttest und um Trisomien.

      Like

  4. Pingback: Demo, Debatten, dramatische Ereignisse – trisomie21.net

  5. Hallo Frau Kühne,

    vielen Dank für den tollen und wichtigen Beitrag.

    Ich kann dem nur beipflichten, dass Menschen mit Down-Syndrom nicht leiden und ein wunderbares und erfülltes Leben leben können. Auch wir haben eine Sohn (8 Jahre) mit einem Chromosom mehr und er ist der glücklichste Mensch, den ich kenne. Er liebt das Leben und das Lernen, geht total gerne zur Schule, weiß sich durchzusetzen und hat eine ansteckende Begeisterungsfähigkeit.

    Wir haben bewußt nicht getestet (war damals noch nicht der Praena-Test), da uns jedes Kind willkommen gewesen wäre – waren aber wegen des Herzfehlers im Ultraschall uns bewußt, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass er das Down-Syndrom hat. Wir haben unsere Entscheidung für unser Kind noch keine Sekunde bereut.

    Menschen argumentieren oft, dass Sie sich gegen das Kind entscheiden, weil es leiden würde – in den meisten Fällen ist das Unsinn. Und auch ein normaler Chromosomensatz garantiert kein glückliches Leben. Oder es wird gesagt, dass man Sorge hat, die Geschwister kommen zu kurz – dabei zeigen viele Untersuchungen, dass es kaum mehr Probleme gibt als unter Geschwistern sonst. Was aber wäre die umgekehrte Botschaft an die gesunden Geschwister: Ihr seid nur hier, weil ihr „perfekt“ seid? Ist das die Botschaft, die ich meinen Kindern weitergeben will?

    Man wird den Praena-Test nicht aufhalten können – es macht keinen Sinn, dass die mit Geld testen und die ohne die Fruchtwasser-Untersuchung machen. Und es ist auch nicht sinnvoll, dass es zu Fehlgeburten bei der Fruchtwasser-Untersuchung kommt, weil der Praena-Test verboten ist.

    Was wir brauchen ist gesellschaftlichen Akzeptanz von Vielfalt – genaus sie v. Weizsäcker es vor mehr als 25 Jahren formuliert hat. Inklusion muss gefördert werden, nicht nur mit Worten, sondern mit Taten. Wer zusammenlebt, hat keine Angst vor dem Unbekannten. Das gilt für Menschen anderer Herkunft genauso wie bei Menschen mit Behinderung.

    Like

  6. Liebe Carina Kühne, ich freu mich, von dir zu hören und zu lesen und deine Filme zu sehen. Dein Leben macht anderen Mut, ich erzähle meiner Freundin von dir, sie hat eine Tochter mit Down Syndrom, die mittlerweile 15 Jahre alt ist. Diese Mutter hatte eine Gruppe gegründet um anderen Eltern Mut zu machen und sich gegenseitig zu helfen. Als mich mein Frauenarzt bei meiner 3. Schwangerschaft mit ü 30 auf die Möglichkeit zur Untersuchung hingewiesen hat, habe ich entschieden abgelehnt, aus genau den Gründen,
    die du hier nennst. Auch kenne ich 2 Frauen, bei denen es Fehldiagnosen gab in der Schwangerschaft und deren Kinder ohne Behinderung geboren wurden. Gott sei Dank, haben deren Mütter sich für das Kind entschieden. Gott segne dich und deine Familie. Er möge allen Familien, die mit ihren Kindern vor besondere Herausforderungen gestellt sind, besonders viel Hilfe und Kraft schenken für Ihre wichtige Aufgabe und auch die Bereitschaft, Hilfe anzunehmen! Und allen ihren Bekannten ein besonderes Gespür für das, was „dran“ ist. Liebe Grüße von deiner ehemaligen Nachbarin aus Berlin.

    Gefällt 1 Person

    • Liebe Anika,
      wie schön, von dir zu hören. Ich freue mich sehr darüber.
      Es ist gut, zu hören, dass du dich auch für ein Lebensrecht für alle einsetzt.
      Liebe Grüße auch an deine Eltern und Geschwister von
      Carina

      Like

Freue mich über Kommentare

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..